Winterwochenende 70 Stunden Freiheit
Ein Winterwochenende im Lausitzer Seenland
Nur eine Stunde Fahrt von der Haustür entfernt warten Weite, Stille und herrliche Luft auf Autorin Melissa May. An einem Winterwochenende im Lausitzer Seenland genießt sie Momente in ruhiger Natur, entspannt bei Wellness am Kamin und entdeckt den Landschaftswandel hautnah.
Von Melissa May
Nur eine Stunde? Ich bin baff, als ich an einem kalten Freitagnachmittag Ende Januar „Elsterheide“ in das Navi eintippe. Ich hatte mit deutlich mehr gerechnet. Brauchen wir nicht schon eine halbe Stunde aus der Stadt raus? Kann man so früh einchecken? Kann man sich so nah an zuhause erholen? Und außerdem hätten wir mit dem Packen nicht so einen Stress zu machen brauchen. Sicher haben wir etwas Wichtiges vergessen. Das Starten des Motors beendet den inneren Monolog. Möge der Urlaub beginnen!
Wir wollten beide einfach mal raus aufs Land, frische Luft und Ruhe tanken, den Blick schweifen und die Gedanken ziehen lassen.
Es war die Idee meines Mannes, ein Winterwochenende im Lausitzer Seenland zu buchen. Wir wollten beide einfach mal raus aufs Land, frische Luft und Ruhe tanken, den Blick schweifen und die Gedanken ziehen lassen. Ja, Skifahren wäre auch schön gewesen, aber wir hatten einfach keine Lust auf ewige Fahrerei. Jetzt also Lausitzer Seenland: Lesen, entspannen, am Kamin sitzen, schön essen, guten Wein trinken, vielleicht einen Tagebau anschauen: Das ist der Plan.
Freitag, 15 Uhr: Ankunft am Geierswalder See
Die Anreise über die Autobahn verläuft ereignislos. Kurz vor drei stehen wir bereits am Ufer des Geierswalder Sees. Und schon haben wir sie: die Weite, die Stille und die herrliche Luft. Der Blick über die Wasserfläche ist traumhaft. Es ist sicher ein paar Grad kälter als in der Stadt. Die Steine am Ufer sind vereist. Völlig selbstverständlich glitzert der See in der tief stehenden Winternachmittagssonne – gerade so als wäre er schon immer hier. Dabei klaffte vor wenigen Jahrzehnten an dieser Stelle noch eine gigantische Grube, ein Relikt des Tagebaus Koschen. Vom Braunkohlerevier zum Urlaubsparadies: Genau dieser Landschaftswandel hat uns interessiert.
Golden flutet die tief stehende Wintersonne in unser Ferienhaus. Es schwimmt übrigens! Die schwimmenden Ferienhäuser sind wahrscheinlich DIE Attraktion von Elsterheide. Dank voll verglaster Wände haben wir immer Himmel und See im Blick. Wunderbar. Meine Angst vor Seekrankheit war unbegründet. Von Wellengang ist nichts zu spüren. Völlig ruhig liegt unser luxuriöses Heim auf dem Wasser. Wir setzen uns mit einem Glühwein in der Hand und dick eingehüllt in kuschelige Decken noch einen Moment auf das Sonnendeck.
Freitag, 19 Uhr: Abendessen im Leuchtturm
Nachdem das riesige Haus erkundet ist und die Koffer ausgepackt sind, ist es Zeit für einen Landgang. Nur einen kurzen Spaziergang von unserer luxuriösen Arche entfernt liegt das Leuchtturm-Lokal. Es ist, wie es sich für einen Leuchtturm gehört, auch in der Dunkelheit nicht zu verfehlen. Unter der Seenixe nehmen wir Platz und stoßen mit einem „LeuchtTurm Riesling Sekt“ auf unseren Urlaub an. Wir waschechten See-Leute bestellen natürlich Fischeintopf, Möwenschiss, das sind Kartoffeln mit Kräuterquark, und Seglerpfanne. Ausgesprochen lecker. Gut gestärkt spazieren wir am Abend zurück in unser gemütliches Habitat. Wir stellen uns vor, wie es wäre, mit dem Haus morgen eine kleine Runde über den See zu schippern. Das ist leider nicht vorgesehen. So müssen wir wohl auf anderem Wege die Gegend erkunden.
Samstag, 10 Uhr: Spaziergang am See
Nach dem späten Frühstück am nächsten Morgen mummeln wir uns wieder dick ein. Wir wollen am See spazieren gehen. Der ebene, durchgängig asphaltierte Weg führt uns vorbei an einsamen Sandstränden und dichten Kiefernwäldern. Nur wenigen Menschen begegnen wir heute. Die kühle Luft macht den Kopf frei.
Samstag, 13:30 Uhr: Bergbautour
Für den Nachmittag haben wir eine Bergbautour gebucht. Treffpunkt ist das Besucherzentrum in Welzow. Mit dem Mannschaftstransportwagen geht es in den aktiven Tagebau. Und bald sind wir mitten drin in einer apokalyptischen Szene: Ein gigantischer Bagger an einer noch gigantischeren Förderbrücke frisst sich in einem selbst geschaffenen Tal durch eine Mondlandschaft. Im Hintergrund die dampfenden Kühltürme des Kraftwerks Schwarze Pumpe. Die Förderbrücke F60 ist die größte bewegliche Maschine der Welt. Für dieses Stahlungetüm, so lang wie der Eiffelturm hoch und 11 000 Tonnen schwer, sind wir nicht mehr als Ameisen. Nicht unbeeindruckt fahren wir gemeinsam mit der Besuchergruppe zum Gut Geisendorf, dem Kulturforum an der Kante des Tagebaus. Hier gibt es eine deftige Bergmannsvesper und Glühwein.
Nach Massage und finnischer Sauna werden Beine, Arme und Augenlieder langsam schwer. Trotzdem fühlen wir uns unglaublich erleichtert und befreit.
Sonntag, 11 Uhr: Wellness-Auszeit
Heute ist Wellnesstag. Mit der Aussicht auf eine Massage wandern wir entspannt bis zum Wellnesshotel Seeschlösschen am Senftenberger See. Obwohl wir fast zwei Stunden unterwegs sind, vergeht die Zeit schnell. Das Naturresort verbindet Wellness mit Ayurveda und Heilpraktik, Tagesgäste wie wir sind herzlich willkommen. Wir entscheiden uns für eine Rückenmassage und eine Tagesauszeit in der Saunalandschaft mit Saunen, Innenpool, Kaminzimmer und orientalischem Rasul. Nach Massage und finnischer Sauna werden Beine, Arme und Augenlieder langsam schwer. Trotzdem fühlen wir uns unglaublich erleichtert und befreit. Nach einem Abendessen im Haus bringt uns das Taxi zurück zum Ferienhaus.
Montag, 10 Uhr: Morgenspaziergang zum Abschied
Nicht ohne Wehmut verlassen wir unser lichtdurchflutetes schwimmendes Domizil wieder und stellen unsere Koffer ins Auto. Doch vor der Heimfahrt wollen wir unsere Lungen noch einmal mit der Seeluft, unsere Augen mit Weite und unsere Ohren mit Stille füllen. Wir machen uns auf zu einem langen Spaziergang am Wasser. Wir treffen heute weniger Menschen als am Sonnabend, vielleicht eine Handvoll. Für die meisten ist heute ein Werktag, wie für uns morgen.
Die Rückfahrt verläuft ebenso ereignisarm wie die Anreise. Und als ich zuhause noch einmal das Navi anschalte, zeigt es: Elsterheide, eine Stunde. Wiederholung nicht ausgeschlossen.
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